Di, 10.08.2010 | 16:55 Uhr
Ulrich Kühle: "Also an diesem Waschbecken
werden die Steine geschliffen. Wir machen das per Hand. Wir machen das
mit einem zweiten Schleifstein und etwas Sand dazwischen … und dann
werden die beiden Steine gegeneinander gerieben."
Nicht eine halbe Stunde, nicht eine ganze …
Kühle: "… das macht man dann den halben Tag."
Ulrich
Kühle ist Lithograph. Lithos heißt Stein auf Griechisch. Die Steine
dienen als Druckplatten, auf die man direkt zeichnen kann. Das
Druckverfahren beruht auf einem einfachen chemischen Prinzip, wie Kühle
erklärt:
"Der bezeichnete und präparierte Stein wird dann mit
Schwämmen und Wasser befeuchtet, so dass Wasser nur dort auf dem Stein
haftet, wo keine Zeichnung ist, denn die Zeichnung ist fetthaltig und
stößt das Wasser ab."
Anschließend wird ein Papierbogen auf den
Stein gelegt, fixiert, das Ganze durch die gusseiserne Presse geschoben.
Die steht in der hellen, gemütlichen Werkstatt Keystones Edition, die
Ulrich Kühle zusammen mit Sarah Dudley vor ein paar Monaten am
Kreuzberger Paul-Lincke-Ufer eröffnet hat. Aus den Lautsprecherboxen
schallt entspannte Musik, an einer langen Tafel empfangen die Drucker
ihre Kunden. Die nächsten drei Monate sind die beiden bereits
ausgebucht. Aber nicht nur deshalb müssen sie die Künstler manchmal
bremsen: Lithografien können genauso lange dauern wie ein Ölgemälde. Ulrich Kühle
vergleicht das alte, aussterbende Handwerk mit der Slow-Food-Bewegung:
"Da wie in der kulinarischen Bewegung in der Lithografie um Qualität
geht, um Zeit, die man sich nimmt, um ein gutes Produkt herzustellen,
mit guten Ingredenzien, in unsrem Fall mit gutem Papier, mit guten
Farben. Ein normaler Druck, sagen wir mit vier Farben wird dann schon
vier Wochen dauern um eine Auflage von ca. 20, 30 herzustellen."
Und die Kanadierin Sarah Dudley
fügt hinzu: "Es ist wie kochen. Man mischt die Ätzungen Also es gibt
Rezepte, aber die sind von jedem Drucker ein bisschen anders und ob man
das ein bisschen länger Säure hier macht oder ein bisschen mehr Säure
dort macht – das ist wirklich wie kochen, sehr intuitiv. Das macht mir
Spaß."
Dudley und Kühle sind Steindruck-Meister, ein Abschluss,
den man in Deutschland nicht machen kann. Sie sind in den USA
ausgebildet worden, an dem in Fachkreisen berühmten Tamarind Institut in
New Mexico. Danach haben sie in Irland und Deutschland gearbeitet, mit
Buschmännern in Botswana und im Outback von Australien. In Südafrika
unterstützten sie den international bekannten Künstler William
Kentridge. Eine Auswahl dieser Drucke hängt zurzeit als kleine
Ausstellung in ihrer Berliner Werkstatt. Dort, wo sie nach acht Jahren
in der ganzen Welt endlich sesshaft wurden.
Die
Lithografie-Werkstatt „Keystone Editions“ steht professionellen
Künstlern und Laien offen. Sie liegt am Paul-Lincke-Ufer 33 und ist von
Montag bis Freitag von 10 bis 16 Uhr geöffnet.